Orte, Spuren, Erinnerungen. Der Erste Weltkrieg in den Sextener Dolomiten ; Luoghi, tracce e memorie della Prima guerra mondiale nelle Dolomiti di Sesto ; Places, Traces and Memories of the First World War in the Sesto Dolomites
Nel corso del primo conflitto mondiale, la regione di confine delle Dolomiti di Sesto è stata occupata da un complesso sistema infrastrutturale a fini militari. ll progetto di ricerca “Scritto nel paesaggio” ha indagato con un approccio multidisciplinare l’insieme stratificato di tracce materiali e memorie intergenerazionali della Prima guerra mondiale incorporato nei luoghi, svelando la complessità di un patrimonio difficile ancora oggi in parte visibile in questo iconico paesaggio alpino e profondamente intrecciato alle culture della memoria della comunità locale di Sesto, al di là della consueta dicotomia fra patrimonio naturale e culturale.
Der moderne Gefallenenkult hat sich in voller Intensität erst nach dem Ersten Weltkrieg durchgesetzt, besonders in Form von Friedhöfen, Denkmälern und Gedenkfeiern. Überall wurden vor allem einfache Soldaten geehrt. Jeder Gefallene erhielt das Recht auf eine eigene Grabstelle und die Verewigung seines Namens. Der Kriegstod wurde meist als Opfer gedeutet, auf die Nation bezogen und den Gefallenen ein Fortleben im kollektiven Gedächtnis versprochen. Das diente der Legitimation des Kriegstodes, aber auch der Tröstung der Trauernden, denen Anerkennung ausgesprochen und Orte der Trauer zur Verfügung gestellt wurden.
Leben und Überleben. Die Sextner Flüchtlinge (1915–1920)
Der folgende Beitrag ist der Versuch erstmals neue Quellen und Dokumente zur Geschichtsschreibung der Sextner Flüchtlinge während des Ersten Weltkrieges vorzustellen und eine erste Analyse und Forschungsergebnisse zum Schicksal der Flüchtlinge aufzuzeigen. Zunächst wird ein kurzer Überblick über die Situation des Dorfes Sexten bei Ausbruch des Krieges im Mai 1915, den italienischen Beschuss und die Flucht der Bevölkerung gegeben. In einem weiteren Schritt wird das System der Flüchtlingsunterstützung der österreichisch-ungarischen Monarchie erläutert, auf das sich ab 1917 vermehrt auch die Sextner Flüchtlinge stützten. Die Anmeldungsscheine für eine staatliche Hilfe und weiteres behördliches Aktenmaterial, das im Rahmen des Forschungsprojektes „In die Landschaft eingeschrieben“ erstmals näher recherchiert und analysiert werden konnte, sind der Grundstock für diesen Beitrag. Anhand exemplarisch ausgewählter Familien und Personen aus Sexten kann somit ein detaillierteres Bild über das Leben und Überleben der Sextner Bevölkerung geliefert und eine Lücke in der Geschichtsschreibung zu den Sextner Flüchtlingen teilweise geschlossen werden.
„Sexten in Anlage und Bauart der Häuser ein typisches Tiroler Dorf…“ – Zum Wiederaufbau der kriegszerstörten Ortskerne von Sexten 1918–1923
Der Beitrag untersucht anhand von Archiv- und Bildquellen den Wiederaufbau der 1915 durch italienischen Beschuss kriegszerstörten Sextner Ortskerne von St. Veit und Moos und fragt nach Planungsprozessen, den architektonischen Richtlinien, den Akteuren und Finanzierungen. Nach einem Blick auf die Vorgeschichte und Zerstörung des Ortes wird zunächst der Darstellung der Ruinenstätte als Metapher für die Barbarei des Feindes sowie der damit verknüpften propagandistischen Absicht, Sexten als typisches deutsches Tiroler Dorf und als architektonisches Bollwerk gegen Italien wiederaufzubauen, nachgegangen. Wie und von welchen Akteuren dieses Statement der kulturellen Zugehörigkeit zu Österreich realisiert wurde, wird anhand von bislang kaum ausgewerteten Quellen dargelegt.
Modern Conflict Archaeology: Interdisciplinary Reflections and the “Written in the Landscape” Research Project
Modern Conflict Archaeology (MCA) is a powerful interdisciplinary approach to the complex challenges facing the investigation of twentieth and twenty-first century conflict. Since its origins at the turn of the twenty-first century, the scientific archaeology and material culture anthropology of the First World War have been at the forefront of developing and refining its practical and intellectual agendas through a diversity of research projects across Europe and beyond. Here, the development and potential of this new subdiscipline will be explored drawing on evidence from the Western Front (France and Belgium), Jordan, and most recently the Sesto Dolomites in South Tyrol.
Archäologische Feldaufnahme der Hinterlassenschaften des Ersten Weltkrieges im Kampfabschnitt Zinnenhochfläche und der italienischen Stellungen am Sextenstein und am Nordhang des Paternkofels: Methoden und Ergebnisse
In den vergangenen Jahren wurden entlang der Südwestfront des Ersten Weltkrieges mehrere konfliktarchäologische Projekte mit unterschiedlicher Zielsetzung durchgeführt. Ein räumlicher Schwerpunkt hat sich dabei im Raum der Sextner Dolomiten gesetzt. Das Hochplateau der Drei Zinnen bot gute Voraussetzungen für eine Dokumentationskampagne, die in ihrer Ausdehnung und Genauigkeit ein neues Niveau erreichte. Ziel der Feldarbeiten war es, den österreichisch-ungarischen Kampfabschnitt Zinnenhochfläche und die ihm gegenüberliegenden italienischen Stellungen zu vermessen, zu dokumentieren und zu erforschen. Es zeigte sich ein überaus vielschichtiges Bild der Kriegsereignisse zwischen Mai 1915 und November 1917, der militärischen Infrastruktur und der tiefgreifenden Veränderungen der Landschaft, die bis heute prägend geblieben sind. Im vorliegenden Beitrag werden die einzelnen Sektoren des Projektgebietes überblicksartig vorgestellt.
Der italienische Paternkofelstollen: Die archäologischen Aufnahmen im Vergleich zu den Quellen in den italienischen Militärarchiven
Die größte Struktur, die im Rahmen der Feldaufnahme des Projektes „In die Landschaft eingeschrieben“ aufgenommen wurde, ist die italienische Kavernenanlage unter dem Paternkofel. Es handelt sich um einen über 750 Meter langen Stollen, der ursprünglich von der Südostflanke des Berges eine weitgehend unterirdische Verbindung zum Toblinger Riedl ermöglichte. Er entstand aus der Notwendigkeit, die italienischen Stellungen am Sextenstein ganzjährig mit Nachschub und Menschen zu versorgen. In den Archiven des italienischen Generalstabs und der Genietruppen in Rom konnten zahlreiche Dokumente und Pläne der am Bau beteiligten Einheiten und Stäbe gesichtet und die Baugeschichte im Detail rekonstruiert werden. Der Bau erfolgte zwischen August 1916 und September 1917 und war von zahlreichen Schwierigkeiten begleitet.
L’attacco al Sasso di Sesto del 21-22 aprile 1917: Confronti inediti tra fonti d’archivio italiane, austriache e dati raccolti sul campo
Il contributo, dopo un’introduzione sulla morfologia e sui sistemi difensivi del Sasso di Sesto nel corso della Prima guerra mondiale, presenta una rassegna delle pubblicazioni relative all‘attacco austriaco del 21–22 aprile 1917, integrandole con nuove fonti inedite provenienti da archivi militari italiani e austriaci e comparando il tutto con i rilievi eseguiti durante la campagna di documentazione sul campo svolta nell’ambito del progetto “Scritto nel paesaggio” nell’estate 2021.
Paesaggi bellici e immaginari visivi nelle Dolomiti di Sesto
L’inedito sforzo bellico in alta quota durante la Prima guerra mondiale presuppone un nuovo rapporto con il paesaggio alpino. Da un lato l’occupazione a fini militari ne riconfigura l’assetto topografico con opere infrastrutturali che introducono definitivamente la modernità in montagna, anticipando per certi versi le modalità di occupazione del turismo di massa. Dall’altro ne modifica sottilmente le categorie percettive attraverso una ricodificazione dello sguardo che vede in azione molteplici mezzi di comunicazione e rappresentazione del paesaggio. Il presente contributo vuole esplorare alcune delle articolazioni fra questi due aspetti apparentemente distinti ma fortemente intrecciati delle alterazioni del paesaggio alpino negli anni del conflitto, soffermandosi in particolare sull’area dell’Altopiano delle Tre Cime e sulle fonti iconografiche emerse nell’ambito del progetto di ricerca “Scritto nel paesaggio”.
Im Fadenkreuz der Waffen. Ein Gespräch mit dem Fotohistoriker Anton Holzer mit einer Einführung von Waltraud Kofler Engl
Fotoaufnahmen aus Archiven und privaten Sammlungen waren im Forschungsprojekt eine wichtige Quelle. Die interdisziplinäre Zusammenschau der Fotografie mit den militärischen Dokumenten beider Fronten, der strategischen Nutzung der Landschaft und der Alltagsgeschichte der Soldaten beleuchtet die Fotografie-, die Militärgeschichte und die Landschaftswahrnehmung gleichermaßen. Der Erste Weltkrieg war der erste Medienkrieg der Geschichte in dem die Fotografie systematisch und gezielt für die Zwecke des Krieges eingesetzt wurde; sie war technisches Hilfsmittel für die Aufklärung und in der Geländevermessung sowie Instrument der Bildpropaganda. In der Verschränkung mit den neuen Bildmassenmedien (Zeitungen, Postkarten) wurde sie zu einem der wirksamsten Propagandamedien. Dies lässt sich auch an den noch erhaltenen Beständen zum Gebirgskrieg um die ikonische und vielschichtige Landschaft des Drei Zinnen-Gebiets ablesen. Im 19. Jahrhundert als Kletter- und Wanderdestination entdeckt, wurden die Drei Zinnen im Ersten Weltkrieg zum Frontgebiet und von den Fotografen als wehrhafte, militärisch aufgeladene Grenzsteine in der seither bestimmenden Nordansicht in den Blick genommen. Die touristische Ikonographie der Drei Zinnen ist bis heute in den Blickstrukturen des Ersten Weltkrieges verankert, ohne dass diese noch bewusst wäre. Die komponierten offiziellen Aufnahmen der Dolomitenfront in großartigen Sommer- und Winterlandschaften des bislang kaum bekannten Fotografen Hans Opfergeld (Salzburg 1886–1962) fügen sich in diese Bildstrategie. Seine Bilder entstanden an der Schnittstelle von touristischem und militärischem Zugriff auf die Landschaft.
Die Ereignisse des Ersten Weltkrieges in Sexten und die Erfahrungen der Sextner Zivilbevölkerung verblassen in den Erinnerungen der heutigen Bevölkerung nicht nur, weil der Kriegsbeginn mehr als 100 Jahre zurückliegt. In den Nachkriegsjahren des Wiederaubaus gab es keine systematische Erfassung dieser Weltkriegserfahrungen, auch aufgrund der sozialen Veränderungen dieser Zeit durch einschlägige Ereignisse, wie beispielsweise die Annexion an Italien, die Machtergreifung des Faschismus etc. Die sozialwissenschaftliche Forschung im Rahmen des Projekts „In die Landschaft eingeschrieben“ fokussiert die Erfahrungen der Zivilbevölkerung und erkundet die Erinnerungen an die Zeit des Ersten Weltkriegs an der Sextner Dolomitenfront, ihre Wahrnehmung durch die Nachkommen der Kriegsgeneration, sowie die Weitervermittlung an jüngere Generationen. In Interviews mit den Nachkommen von nunmehr verstorbenen Zeitzeug*innen konnten Fragmente erzählter Geschichte aufgespürt werden, die im individuellen oder kollektiven Gedächtnis verblieben sind. 30 teilstrukturierte und offene Interviews mit 21 Nachfahren der Kriegsgeneration wurden geführt, in deren Zentrum die Schicksale der Sextner Zivilbevölkerung während des Kriegs, insbesondere der Frauen, die Evakuierung und der Wiederaufbau in den Jahren 1918–1923 standen. Zusätzlich wurden zwei Fokusgruppengespräche durchgeführt und es wurde zur medialen Vermittlung eine 40-minütige Video-Dokumentation mit sechs Sextner*innen erstellt.
Culture della memoria e storie di guerra nei racconti di famiglia a Sesto
I racconti della guerra sono spesso parte delle storie di famiglia e contribuiscono a veicolare le narrative condivise tra le generazioni. Anche i silenzi sulle vicende belliche possono produrre forme peculiari di memoria familiare. Analizzando le interviste raccolte da Thomas Benedikter, il presente capitolo cerca di rintracciare le "culture della memoria" della Prima guerra mondiale che emergono nei racconti di famiglia delle e degli abitanti di Sesto, facendo riferimento al campo interdisciplinare degli studi sulla memoria. Molte interlocutrici e interlocutori sottolineano che la Prima guerra mondiale non è, e non è stato, un tema di discussione in famiglia. I ricordi di quel periodo, inoltre, sono piuttosto frammentari e spesso associati a quelli più recenti della Seconda guerra mondiale. Nonostante ciò, le storie di guerra sono parte della cultura della memoria familiare e collettiva locale, anche grazie al supporto materiale di foto, lettere, case di famiglia e delle tracce della guerra scritte nel paesaggio.
Traces of Women on the Three Peaks Plateau: Gender Approaches to the Militarized Landscape of the First World War
This chapter presents three artifacts from the First World War militarized landscape of the Three Peaks (Tre Cime/Drei Zinnen) that were collected over the course of the "Written in the Landscape" project. What these artifacts have in common is that they invoke or refer to women in different ways. The artifacts, related to both the Italian and Austrian armies, include the use of women’s names for officers’ quarters, a female code name for a powerful searchlight, and a sketch made by a pittore-soldato as part of propaganda efforts that imagined the Three Peaks with three women’s faces. I argue that adopting a gender perspective to interpreting these artifacts fosters a deeper understanding of where and how metaphors of women circulated and the functions these metaphors may have served. Notions of masculinities and femininities embedded in these artifacts may have fed into war-time constructions of traditional gender roles with implications for hierarchies in the post-war gender order and social structures. Further, such metaphors that we ind present in a First World War militarized landscape as well as in cultural heritage practices related to military memory can be linked to persisting gender dynamics of contemporary war and militarism. This research contributes to studies of the cultural history of war in analyzing objects, symbols, and discourses through a gender approach.
Mostrare i paesaggi di guerra: In die Landschaft eingeschrieben / Scritto nel paesaggio
Il presente contributo racconta la mostra “In die Landschaft eingeschrieben / Scritto nel paesaggio” tenutasi a Sesto tra il 6 agosto e 23 settembre 2022. Ripercorrendo gli aspetti salienti dell’operazione progettuale, il saggio spiega come la mostra si sia proposta di raccontare la stratificata e dissonante complessità dell’iconico paesaggio delle Dolomiti pusteresi emersa nel corso delle ricerche dell’omonimo progetto di ricerca “Scritto nel paesaggio” attraverso la scelta dello spazio e dei dispositivi espositivi e narrativi.
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